Neues von der Seele

von Melanie Beiner

 

Von der Seele reden –

ist im alltagssprachlichen Gebrauch selbstverständlich. Das Wort Seele gehört zu denen, von denen wir alle irgendeine Vorstellung haben und es doch nicht richtig fassen und erklären können. In sprachlichen Wendungen kommt der Gehalt der Seelenvorstellung zum Ausdruck: sich etwas von der Seele reden, ein Herz und eine Seele sein, es liegt mir etwas auf der Seele, die Seele baumeln lassen.

Obwohl in der alltäglichen Kommunikation der Begriff der Seele wichtig ist, hat in den letzten Jahrzehnten, vor allem in der evangelischen Theologie, das Bemühen um eine Verständigung über den Seelenbegriff nachgelassen. Dazu beigetragen hat, dass eine Sicht des Menschen, die diesen in Seele und Leib, in Geist und Körper, also in zwei voneinander unterschiedene “Teile” trennt, aufgegeben wurde. Im Zuge der Rede von der “Ganzheitlichkeit” wurde es dann schwer, die Vorstellung von der Seele greifbar zu machen, ohne einer solchen Aufteilung des Menschen Vorschub zu leisten.

Die Frage nach der Ganzheitlichkeit und der Bedeutung der Seele in diesem Zusammenhang hatte vor allem Auswirkungen auf die Vorstellung der Auferstehung. Je enger Seele und Leib miteinander in Verbindung gedacht werden, desto stärker muss der Gedanke sein, dass auch “der ganze Mensch stirbt”, und nicht etwa nur der Körper, während die Seele unsterblich ist, aus dem leblosen Körper “entweicht” und in den Himmel steigt.

In der protestantischen Theologie der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts gewann die sog. Ganztodtheorie große Bedeutung und mit ihr wurde der Gedanke einer Unsterblichkeit der Seele quasi aus der protestantischen Theologie verabschiedet. Programmatisch fragt der Neutestamentler Oscar Cullmann in den sechziger Jahren “Unsterblichkeit der Seele oder Auferstehung der Toten?” und bezeichnet den platonischen Unsterblichkeitsgedanken mit der neutestamentlichen Vorstellung von der Auferstehung als unvereinbar.

In eben dieser Linie liegt das Verständnis Eberhard Jüngels, wie es in seinem durch Theologengenerationen gegangenen Buch “Tod” zum Ausdruck kommt. Jüngel nimmt die Barthsche Vorstellung auf, dass individuelle Auferstehung allein als “Verewigung gelebten Lebens” vorstellbar ist: “Der Mensch als solcher hat also kein Jenseits, und er bedarf auch keines solchen; denn Gott ist sein Jenseits.” (153)

Bleibt die Ewigkeit allein eine Verewigung dessen, was war, dann geht eine wesentliche Hoffnung verloren: die Hoffnung auf Vollendung des Lebens. Die Gebrochenheit und Schuldhaftigkeit menschlichen Daseins fragt ja nicht nur nach einer göttlichen Wirklichkeit, in deren Licht die wahre Bestimmung des Menschen aufscheint; sie ruft ja gerade auch nach einem Akt, der die Vollendung oder Verwandlung meines Daseins in eben diese eschatische Bestimmung und die Teilhabe an der Gegenwart Gottes vollzieht.

Es geht also in der protestantischen Theologie darum, ein Verständnis der Seele des Menschen wiederzugewinnen, das den platonischen Dualismus vermeidet, aber die Hoffnung auf Vollendung und eine individuelle Teilhabe am ewigen Leben nicht ausschließt.

 

Seelenleben – biblisch

Mit ‚Seele’ wird im Alten Testament das hebr. Wort ‚näfäsch’ übersetzt. Es hat verschiedene Bedeutungen:

Seele im Sinne von ‚näfäsch’ hat die Bedeutung von Kehle oder Schlund. “Die sollen dem Herrn danken, dass er sättigt die durstige Kehle (‚näfäsch’) und die Hungrigen füllt mit Gutem.” (Psalm 107). In dieser Bedeutung steht der Ausdruck Seele auch in Verbindung mit dem Atem. “Jahwe gestaltete den Menschen aus Staub vom Ackerboden und blies in seine Nase Lebensatem; so wurde der Mensch eine lebendige Seele.” (Gen 2,7)

Es ist das körperliche Organ, das von der Nahrungsaufnahme zum Gefühl der Sättigung führt, durch das alles, was der Körper braucht, durchgeht. Durch die Kehle nimmt der Mensch auf, was er körperlich braucht, um am Leben zu bleiben. Insofern ist “Seele / näfäsch” das menschliche ‚Organ’, mit dessen Hilfe die elementaren körperlichen Bedürfnisse gestillt werden.

Deshalb ist mit ‚näfäsch’ im übertragenen Sinn auch Leben allgemein oder Lebenskraft gemeint. “Elia wünschte sich zu sterben und sprach: Es ist genug, so nimm nun, Herr, meine ‚näfäsch’; ich bin nicht besser als meine Väter.” (1Kö 19,4)

Schließlich finden sich häufig Gefühlsausdrücke in Verbindung mit ‚näfäsch’. “Darum freut sich mein Herz, und meine ‚näfäsch’ ist fröhlich…” (Psalm 62,2); “Sage mir, du, den meine ‚näfäsch’ liebt, wo du weidest, wo du ruhst am Mittag.” (Hoh 3,1f).

Seele im Sinne von ‚näfäsch’ bezeichnet die Vitalität des Menschen; alles, wodurch er sich aufgrund seiner körperlichen Regungen lebendig spürt. Ist alles gegeben, was der Mensch zu dieser Vitalität braucht, ist die Seele gestillt; in ihr erlebt der Mensch aber ebenso die eigene Bedürftigkeit und Angewiesenheit auf die Erfüllung dieser Bedürfnisse durch Nahrung, Luft oder soziale Beziehungen.

Im Neuen Testament wird das Wort ‚psyche’ mit Seele übersetzt. Daneben steht für ‚psyche’ aber auch Leben. “Denn wer sein Leben (psyche) erhalten will, der wird´s verlieren; und wer sein Leben (psyche) verliert um meinetwillen und um des Evangeliums willen, der wird´s erhalten. Denn was hülfe es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewönne und nähme an seiner Seele (psyche) Schaden?” (Mk 8,35f) An allen Stellen steht psyche, einmal mit Leben, einmal mit Seele übersetzt. Das Wort ‚psyche’ taucht im NT sehr viel seltener auf als ‚näfäsch’ im AT. Es wird einerseits allgemeiner auf das Leben insgesamt bezogen, andererseits tauchen Differenzierungen zwischen Seele, Geist und Körper auf. “Er aber der Gott des Friedens, heilige euch durch und durch und bewahre euren Geist samt Seele und Leib unversehrt…” (1 Thess 5,23). Es bleibt aber auch im Neuen Testament die Tendenz, die Seele auf das sinnliche, körperliche, bedürftige und vergängliche Dasein zu beziehen. “Es wird gesät ein natürlicher (psychikon) Leib und wird auferstehen ein geistiger (pneumatikon) Leib.” ( 1 Kor 15, 44).

Sowohl im Alten als auch im Neuen Testament ist die Seele auch Gesprächspartnerin im Zwiegespräch eines Menschen mit sich. Sie wird sozusagen als “inneres Ich” angesprochen: “Sei nun wieder zufrieden, meine Seele, denn der Herr tut dir Gutes. (Psalm 116,7)

 

Neues von der Seele

In jüngster Zeit gibt es erste Ansätze in der protestantischen Theologie, das Verständnis der Seele neu zu formulieren. Konrad Stock widmet sich einer Psychologie in der protestantischen Theologie und bestimmt Seele als “diejenige ursprüngliche Gegebenheit kraft derer personales Dasein sich … als ursprünglich begehrend erlebt.” Das, was die Person ausmacht, ihre Identität, wird ihr gleichermaßen durch die Gottesbeziehung als auch durch ihre sozialen Bezüge am eigenen Leib erlebbar. Für dieses so begründete Selbsterleben steht der Begriff “Seele”. “Insofern schließt der Tod zwar möglicherweise das Ende des irdischen Selbsterlebens (…), keinesfalls jedoch das Ende des Selbsterlebens überhaupt ein.” (TRE 30, 771)

Konrad Stock bestimmt das Verständnis der Seele neu aus dem Interesse an einer protestantischen Anthropologie bzw. Psychologie. Christof Gestrich verfolgt das Interesse einer neuen evangelischen Eschatologie und fragt von daher nach dem Verständnis der Seele. Mehr noch als Stock bestimmt Gestrich die Unabgeschlossenheit der Entwicklung des Menschen und die soziale Dimension, ja fast kreatürlich-kosmische Dimension der Seele (vgl. Gestrichs Artikel in diesem Heft). Gestrich bindet dieses Seelenverständnis dann mit einer eschatologischen Vorstellung zusammen, die den Aspekt der Vollendung stärkt: “Die Identitätsproblematik einer menschlichen Person kommt mit dem biologischen Ableben noch nicht zu ihrem Abschluss, auch nicht zu einem Abbruch. An mir und meinem Leben wird dann noch weiter gearbeitet. Das Erreichen meiner ‚Ich-Identität’ ist aber nicht mein Privatziel. Meine Seele ist nicht etwas bloß mir ‚Innerliches’. Sie ist der Inbegriff der Sozialität.” (Gestrich 2009, 156)

Die Seele als Ort der Verknüpfung verschiedener Erfahrungen und Lebenslinien in der Person wird durch den Tod nicht vernichtet. “Dass dieser Mensch nun sterben musste, bedeutet für dieses einmalige Beziehungsgewebe selbst nicht, dass nun auch es seine eigene Notwendigkeit in Frage stellen und zurücknehmen müsste. Sondern es bedeutet, dass die Seele inzwischen eine neue Gestalt braucht.” (Gestrich 2009, 211)

Beide Ansätze betonen die Bedeutung der Seele als Modus des Selbsterlebens des Menschen in seiner Bedürftigkeit und seines Begehrens. Beide Ansätze gehen auch davon aus, dass dieses Selbsterleben durch die Beziehung zu Gott konstituiert ist und dieses Selbsterleben, in welcher Gestalt auch immer, durch die irdische und körperliche Begrenzung menschlichen Daseins nicht aufgehoben, sondern schließlich vollendet wird. Mit diesem Gedanken gehen sie über die protestantische Theologie des 20. Jahrhunderts hinaus.

Die Seele ist der Begriff für die Selbsterfahrung des Menschen, die sich durch sein leibhaftes In-der-Welt-Sein ausprägt. Die Seele ist irdisch nur Seele in einer körperlichen, und damit sozialen Gestalt. Diese Ausprägung bleibt. Durch den Tod ändert sich aber die Körperlichkeit und die Seele gewinnt in der Auferstehung eine neue Gestalt.

 

Didaktische Überlegungen

Das individuelle Erleben als Selbsterleben im Unterschied zu anderen, in Abgrenzung von anderen und Annäherung an andere, spielt für Jugendliche eine besondere Rolle. Es findet eine Auseinandersetzung mit dem eigenen “Ich” statt, in der die Bedeutung der subjektiven Seite des Selbsterlebens, Gefühle, Wünsche, Sehnsüchte, besonders groß ist.

In einer Unterrichtseinheit über die Seele wird deshalb der individuelle und subjektive Zugang zum Phänomen Seele als Ausgangspunkt gewählt. Gleichzeitig gilt es, empathische Zugänge zu ermöglichen, die die Bedeutung der sozialen Dimension der menschlichen Seele, ihre Wirkung auf andere und die Bedeutung der Wirkung anderer auf die eigene Seele thematisiert.

Darüber hinaus bietet das Thema die Möglichkeit, Begriffsarbeit als Deutungslernen zu vollziehen. Ein Wort sagt nicht, was ist, sondern was wir uns darunter vorstellen. Schon die biblischen Bedeutungsgehalte lassen die Interpretationsbedürftigkeit, aber auch die Interpretationsfähigkeit von Begriffen deutlich werden. Es geht mit dem Thema Seele auch um das Entschlüsseln und das Einüben hermeneutischen Denkens. Dazu gehört auch, dass ästhetische Zugänge gewählt werden. Sie lassen eher subjektive Ansichten denn vermeintlich faktische Realitäten zu.

Schließlich trifft die Frage nach der Unsterblichkeit der Seele weit verbreitete und durch viele religiöse Versatzstücke geprägte Vorstellungen von Kindern und Jugendlichen (und Erwachsenen). Mit der Frage danach, “was bleibt”, setzen sich Kinder und Jugendliche auseinander. Die Rede von der Unsterblichkeit ist erfahrungsgemäß konsensfähiger als die Rede von der Auferstehung. Die Vorstellung der Kontinuität liegt näher als die des Abbruchs, des Nichtseins und einer Neuschöpfung. Der Wunsch der Jugendlichen nach “Lebens”-Dauer und die Hoffnung auf Veränderung kann auch theologisch eine neue Sensibilität im Umgang mit christlichen Hoffnungsvorstellungen wecken. Insofern kann das Thema Seele dazu beitragen, das christliche Verständnis des Menschen in seiner Endlichkeit einerseits und seiner ewigen Bestimmung andererseits deutlich zu machen und durch die Interpretationen und Bilder, durch die Hoffnungen und das Lebensinteresse der Schülerinnen und Schülern neu zu konkretisieren.

 

Die Einheit im Überblick

A.         Was ist die Seele?

  1. Meine Seele – selbst betrachtet
  2. Wenn die Seele duften könnte – Seeleneindrücke wahrnehmbar machen


B.         Die Seele in der Bibel

  1. Seelenverse in der Bibel
  2. Biblische Vorstellungen von der Seele
  3. Die Seele und Gott – Zwiegespräch mit der Seele


C.         Die Seele bleibt in Ewigkeit – Seele und Unsterblichkeit

  1. Wie geht es mit der Seele weiter?
  2. “Unsterblich” schön – “unsterblich” verliebt – ein Wort und seine Bedeutungen
  3. Die unsterbliche Seele

 

Ablauf der Unterrichtseinheit

A.         Was ist die Seele?

A.1       Meine Seele – selbst betrachtet
Das deutsche Wort “Seele” kommt von “See”.
Stell dir vor, deine Seele ist wie ein See. Es gibt Zeiten, da ist sie ganz ruhig und still; und es gibt Zeiten, da stürmt es und die Wogen gehen hoch. Es gibt Zeiten, da glänzt sie und strahlt, und es gibt Zeiten, da ist sie wie trübes Wasser.

Nimm dir Zeit und überlege für dich:

  • Was hilft deiner Seele, ruhig zu werden?
  • Was lässt sie aufbrausen?
  • Was bringt sie zum Glänzen?
  • Was macht sie trüb?

Nimm dir jeweils ein Bild (M 1), zu dem dir etwas einfällt; schreibe es auf.

 

A.2       Wenn die Seele duften könnte – Seeleneindrücke wahrnehmbar machen
Die Seele ist kein Organ im Körper wie das Herz oder die Lunge. Trotzdem gibt es sie, und man kann sie spüren.
Suche dir eines der Bilder der Personen aus (M 2). Betrachte es einen Moment. Mache dir Gedanken darüber, was in diesem Menschen vorgeht. Dann geh die Stationen entlang, versuche, etwas von der Seele wahrnehmbar zu machen:

  1. Wenn diese Seele eine Farbe hätte …
    Suche dir eine Farbe, die zu dieser Seele passt. Gib dem Bild diese Farbe.
  2. Wenn diese Seele duften würde …
    Suche einen Duft aus, der zu dieser Seele passt und beträufel den Rand des Bildes ein wenig mit Öl.
  3. Wenn diese Seele fühlbar wäre …
    Such einen Stoff aus und klebe ein Stück davon auf das Blatt.
  4. Wenn diese Seele hörbar wäre…
    Suche dir einen Ton, der zu dieser Seele passt und lass ihn einige Male klingen.
  5. Was diese Seele braucht … / Was diese Seele gibt …
    Schreibe auf das Bild oder mache Zeichen dafür:
    “Was diese Seele braucht” oder “Was diese Seele gibt” oder beides.

(Material: Stationenarbeit mit vier Tischen: 1. Farben, 2. Öldüfte, 3. Stoffreste, 4. Klanginstrumente)

 

B.         Die Seele in der Bibel

 B.1       Seelenverse in der Bibel
“Seelenverse” (M 3) entweder auf einem Blatt oder einzeln auslegen.
In der Bibel kommt die Seele häufig vor. Einige Verse findest du auf dem Blatt (auf den Karten). Lies die Verse in Ruhe durch. Welcher gefällt dir spontan? Welcher passt zu deinem Seelenbild? Welcher passt zu deinen eigenen Seebildern, die du anfangs bearbeitet hast? Schreibe deine Seelenverse auf.


B.2       Biblische Vorstellungen von der Seele

Text M 4 lesen.
Lies dir noch einmal die Bibelverse durch. Versuche, sie den Bedeutungen zuzuordnen.

  • In welchem Vers kann man für Seele auch Kehle einsetzen?
  • In welchem Vers meint Seele so etwas wie Gefühle?
  • In welchem Vers steht Seele für das Leben des Menschen insgesamt?
  • Welche Bedeutungen fallen dir noch ein?

Erstellt jeweils eine Sammlung: Die Seele als Kehle / Die Gefühlsseele / Die Seele und das ganze Leben.
Gestaltet jeweils ein Plakat mit Bildern, die die Verse illustrieren.


B.3       Die Seele und Gott – Zwiegespräch mit der Seele

In manchen Bibeltexten erscheint die Seele wie eine Art innerer Gesprächspartner oder innere Gesprächspartnerin, oder eine Art “Gefühls-Ich”, mit dem man sprechen kann. Suche dir einen der Bibeltexte aus (M 5).

  • Was erfährst du über den “Zustand” der Seele, wie geht es ihr? Beschreibe es mit eigenen Worten.
  • In jedem Text geht es um die Verbindung der Seele mit Gott. Was erfährst du darüber, was die Seele von Gott will, was sie tun soll oder was Gott über die Seele sagt? Markiere die entsprechenden Stellen.
  • Stell dir vor, du bist diese Seele. Was würdest du Gott sagen? Worum würdest du ihn bitten, wofür würdest du ihm danken? Schreibe ein Gebet, in dem dies vorkommt. Als Hilfestellung kannst du den Anfang wählen: Gott, ich bin eine … Seele …
  • Ein Theologe hat die Seele beschrieben und gesagt: “Die Seele ist Ohr für Gott.” Was könnte er damit gemeint haben? Was meinst du dazu? Findet eigene Beschreibungen, was die Seele ist.

 

C.         Die Seele bleibt in Ewigkeit – Seele und Unsterblichkeit

C.1       Wie geht es mit der Seele weiter?
Bildbetrachtung – Engel holt die Seele eines Sterbenden, 15. Jhdt. (M 6)


C.2       Unsterblich schön – unsterblich verliebt – ein Wort und seine Bedeutungen

  • “Unsterblich bin ich, wenn ich niemals aufhöre zu existieren.”
  • “Unsterblich bin ich, wenn sich andere an mich erinnern.”
  • “Unsterblich bin ich, wenn das, was ich geschaffen habe, auch nach mir da ist.”
  • “Unsterblich bin ich in meinen Kindern und Kindeskindern.”

Gibt es weitere Bedeutungen von unsterblich? Sucht in Zeitungen/evtl. Todesanzeigen/Werbung etc. Beispiele dafür, in welchem Zusammenhang von unsterblich gesprochen wird.

Beschreibt das Gefühl der Unsterblichkeit in dem Lied. “Unsterblich” von den “Toten Hosen” (M 7) Woher kommt es? Wie wirkt es sich aus? Wie sieht “unsterblich sein” aus in diesem Lied?


C.3       Die unsterbliche Seele

“Der Mensch ist seiner Seele nach unzerstörbar. Aber die Welt kann es nicht begreifen noch glauben, dass die Seele unsterblich ist.
Warum fürchten wir den Tod, wir, die wir nicht sterben können, sondern notwendigerweise unsterblich sind?
Mit wem Gott redet, (sei es im Zorn oder in der Gnade), der ist gewiss unsterblich.”
Martin Luther

Fertigt einen Seelenraum an. Macht eine Installation aus Material. Was ist in der Seele und wodurch soll es verkörpert werden? Setzt darin auch den Satz von Luther künstlerisch um: Mit wem Gott redet, der ist unsterblich.

Ich glaube, dass Gott das Werk, das er mit einem Menschenleben angefangen hat, auch vollenden wird. Wenn Gott Gott ist, kann ihn auch der gewaltsame Tod nicht daran hindern. Darum glaube ich, dass die Geschichte Gottes mit unserem Leben nach dem Tod weitergehen wird, bis jene Vollendung erreicht ist, in der eine Seele Ruhe findet.
Jürgen Moltmann

Der Mensch besteht aus zwei Kräften: wir sind frei und vernünftig auf der einen Seite, wir lassen uns aber auch von Trieben und Mächten leiten auf der anderen Seite. Die Seele muss beides miteinander verbinden. Wenn beide Kräfte in Übereinstimmung miteinander sind, ist der Mensch er selbst geworden. Die innere Reifung des Menschen ist noch nicht abgeschlossen, wenn er stirbt. Nur dass er stirbt, bedeutet noch nicht, dass die Seele die Übereinstimmung geschafft hat. Auch der Gehirntod ist nicht das Ende der Seele. Das seelische Leben ist also im Sterben nicht zu Ende und es ist auch nicht festgebunden im Gehirn. Bis an das Ende aller Tage bleibt die Seele in Arbeit. Gott ist es, der den Ausgleich schafft und deshalb braucht die Seele Gott.
Christof Gestrich

Wenn wir sterben, hören alle Beziehungen zu anderen Menschen auf und wir erleben uns selbst auch nicht mehr. Eine Unsterblichkeit der Seele gibt es nicht. Wir sind ein Teil in der Geschichte, die Gott mit uns Menschen erlebt hat, und nur diese Geschichte Gottes bleibt ewig.
nach Eberhard Jüngel

Diskutiert die drei unterschiedlichen Positionen zur Seele und zum weiteren Bestehen der Seele nach dem Tod.

  • Wie begründen die drei Theologen jeweils ihre Position?
  • Welche der Position kommt eurer Vorstellung nahe und warum?
  • Welchen Gedanken in den Positionen gibt es, der euch einleuchtet?

Alle drei Positionen machen Gott stark. Aber alle folgern daraus etwas anderes für das weitere Bestehen der Seele. Ordnet folgende Sätze den Positionen zu:

Gott ist stark. Er hat eine Geschichte mit uns Menschen. Wir Menschen leben nach dem Tod nicht mehr als einzelne Menschen. Es lebt aber Gott und mit ihm seine Geschichte mit jedem einzelnen von uns.

Gott ist stark. Darum bringt er zu Ende, was er angefangen hat. Die Seele des Menschen bleibt auch im Tod erhalten, weil Gott sie vollenden will.

Gott ist stark. Die Seele des Menschen ist mehr als das Gehirn. Sie führt den Menschen zur Reifung, damit er mit seiner Freiheit und seiner Abhängigkeit leben kann. Gott hilft dabei. Er hilft der Seele, bis sie ganz gereift ist, auch wenn das Gehirn nicht mehr da ist und der irdische Körper schon tot.

Gott ist stark. Er hat eine Geschichte mit uns Menschen. Wir Menschen leben nach dem Tod nicht mehr als einzelne Menschen. Es lebt aber Gott und mit ihm seine Geschichte mit jedem einzelnen von uns.

Gott ist stark. Darum bringt er zu Ende, was er angefangen hat. Die Seele des Menschen bleibt auch im Tod erhalten, weil Gott sie vollenden will.

Gott ist stark. Die Seele des Menschen ist mehr als das Gehirn. Sie führt den Menschen zur Reifung, damit er mit seiner Freiheit und seiner Abhängigkeit leben kann. Gott hilft dabei. Er hilft der Seele, bis sie ganz gereift ist, auch wenn das Gehirn nicht mehr da ist und der irdische Körper schon tot.


Literatur

  • Gestrich, Christof: Die Seele des Menschen und die Hoffnung der Christen. Evangelische Eschatologie vor der Erneuerung, Frankfurt 2009.
  • Nauer, Doris: Seelsorge. Sorge um die Seele, Stuttgart 2010.
  • Jüngel, Eberhard: Tod, Stuttgart ³1971.
  • Theologische Realenzyklopädie 30, Art. Seele, Berlin, New York 1999, S. 733 – 773.
  • Seele. Entwurf 2/ 2011, 42. Jahrgang
  • Wolff, Hans Walter: Anthropologie des Alten Testaments, neu hrsg. von Bernd Janowski, Gütersloh 2010.

Text erschienen im Loccumer Pelikan 1/2012

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