„Und siehe, es war sehr gut!“ – Überlegungen und Ideen für einen Zugang zur Schöpfungsthematik in der Grundschule

von Beate Peters

 

Der priesterschriftliche Schöpfungsbericht als Grundlage für den Religionsunterricht?

Die priesterschriftliche Schöpfungserzählung im Buch Genesis erzählt von der Erschaffung der Welt in sieben Tagen und fordert dadurch zur Auseinandersetzung heraus. Die Naturwissenschaft hat längst nachvollziehbare und gut beweisbare Erklärungen für die Entstehung der Welt, die die Vorstellung von einem Sieben-Tage-Rhythmus sprengen. Was also soll die Beschäftigung mit einer Erzählung, die doch so gar nicht in unsere Zeit zu passen scheint?

„Und Gott sah an, was er gemacht hatte. Und siehe, es war sehr gut.“ So heißt es am Ende des sechsten Schöpfungstages. Hier wird Gott als Schöpfer dargestellt, der die Welt, so wie er sie gestaltet hat, für gut bzw. sehr gut befindet. Diese Aussage deutet darauf hin, dass die Verfasser nicht primär die Weltentstehung erklären, sondern ihrem Glauben daran Ausdruck verleihen wollten, ein Schöpfer allein habe die Welt erdacht und in guter Weise gemacht. Nicht die Aufeinanderfolge des erschaffenen Lebens stellt sich als wesentlich dar, sondern das Bekenntnis: „Wir glauben an einen Schöpfer“ sowie die Bewertung: „Die von diesem Schöpfer erschaffene Welt ist sehr gut.“

Der Text entstand, als sich das Volk Israel im babylonischen Exil befand und mit dem Götterkult der einheimischen Bevölkerung konfrontiert war. Hier galt es deutlich zu machen: Nicht der Gott Marduk hat mit der Urschlange Tiamat die Welt erschaffen, nicht verschiedene Götter verursachen die Konstellationen des Lebens, sondern ein einziger Gott steckt hinter allem Leben: ein Gott, der seine Schöpfung für sehr gut befindet und liebt; ein Gott, der den Menschen erschaffen und ihm zugetraut hat, diese Schöpfung zu hegen und zu pflegen. Segen und Auftrag beenden die Erzählung und lenken nach dem Lob der Schöpfung die Blickrichtung der glaubenden Hörer auf die Verantwortung der von Gott erschaffenen Welt.

Liest man die priesterschriftliche Schöpfungserzählung nicht als wissenschaftliche Abhandlung, sondern als Zeugnis über den Glauben von Menschen an ihren Gott, so ergibt sich eine neue Perspektive: Es geht eben nicht um die sachliche Darstellung des Schöpfungsvorganges, sondern um Wert, Ziel und Sinn der Schöpfung. Es geht darum, dass Menschen sich in einen Zusammenhang gebunden und als Geschöpfe in Beziehung zu ihrem Schöpfer sehen.

Insofern greifen wesentliche Aussagen dieser Schöpfungsgeschichte Aspekte auf, die auch heutige Fragen betreffen: In einer Welt mit wachsenden Vernetzungen und unüberschaubarer Komplexität gewinnen Fragen nach Zusammenhängen, nach dem Woher und Wohin, nach Werten und Zielen an Bedeutung. Im Rahmen von wissenschaftlichen und rationalen Erklärungsmustern wird hauptsächlich die Frage nach dem „Wie?“ aufgegriffen. Fragen nach dem Sinn, nach dem Ursprung, nach Halt und Zuversicht bleiben unbeantwortet. Diese ins Gespräch zu bringen, ist Aufgabe und Herausforderung der christlichen Religion.

 

Chancen der Schöpfungsthematik für den Religionsunterricht in der Grundschule

Im Sinne des Kerncurriculums und der zu erwerbenden Kompetenzen religiöser Bildung besteht die große Chance des Religionsunterrichts darin, mit den Kindern anhand biblischer Geschichten und somit auch der Schöpfungsgeschichte christliche Weltdeutungen zu bedenken und die Fragehaltung der Kinder zu unterstützen. Gerade durch die Auseinandersetzung mit biblischen Geschichten können Kinder exemplarisch an einzelnen Figuren und Handlungsverläufen lernen, das Leben im christlichen Sinne auf Gott hin und von Gott her zu deuten. So kann die Schöpfungserzählung deutlich machen: So wie die Juden in Babylon glauben noch heute viele Menschen an Gott als den ordnenden Schöpfer und richten ihr Leben nach diesem Glauben aus, indem sie bewusst Verantwortung für die Schöpfung übernehmen.

Schon in der Grundschule zeigt sich, dass viele Kinder bereits mit verschiedenen Weltdeutungsmustern konfrontiert sind. Auch bei Erst- und Zweitklässlern ist nicht mehr davon auszugehen, dass jedes Kind selbstverständlich die Existenz Gottes für vorstellbar hält. Äußerungen wie „Mein Papa sagt, Gott gibt’s nicht, und ich glaub auch nicht an Gott“ oder „Also, Gott ist eine Vorstellung von Menschen, die haben sich den ausgedacht“ fordern dazu heraus, auch Möglichkeiten des Dialogs mit anderen Weltdeutungsmustern einzuräumen und von vornherein einzuplanen.

Im Unterricht kann es nicht darum gehen, die historische Frage zu stellen und die zeitliche Abfolge des Erschaffenen im ersten biblischen Schöpfungsbericht mit den Aussagen naturwissenschaftlicher Weltentstehungserklärungen zu vergleichen. Es geht vielmehr darum, die Kinder mit den Glaubensaussagen der biblischen Erzählung vertraut zu machen und diese als Teil eines möglichen Deutungssystems kennen zu lernen. Dabei gilt es, den Kindern Möglichkeiten einzuräumen, eigene Erfahrungen und Einstellungen ins Gespräch zu bringen, die Einstellungen anderer wahrzunehmen und einander tolerant und respektvoll zu begegnen.

Im Rahmen einer Einheit zur Schöpfungsthematik kann der priesterschriftliche Schöpfungsbericht so eingeführt werden, dass im Sinne des großen Wertes der Schöpfung das Staunen über die gute Schöpfung stärker in den Mittelpunkt gerückt wird als die Aufeinanderfolge der Schöpfungstage. Wenn dabei in die Perspektive eines in Babylon lebenden Juden hinein erzählt wird, können mögliche Beweggründe des Erzählens angedeutet werden, so dass dadurch wichtige Glaubensaussagen der Geschichte unterstrichen werden. Hergeleitet aus dem Schöpfungsauftrag, sollte auch die Frage nach der Verantwortung für die Schöpfung gemeinsam bedacht werden.

Die Abfolge der Schöpfungstage und die in ihnen dargestellte Bewegung kann gerade im Grundschulbereich dazu genutzt werden, in Szene gesetzt zu werden. Wenn Kinder als Akteure im Rahmen eines szenischen Spiels in die Erzählung eintauchen und selbst Wasser und Land, Dunkelheit und Licht, Tiere, Pflanzen und Menschen darstellen, können sie sich innerhalb des geschützten Rahmens des Spiels einfühlen in den Wert des Erschaffenen. Dadurch kann auch die Wahrnehmung der äußeren Welt geschärft werden. Als Schauspielerinnen und Schauspieler können sich die Kinder in eine auf Gott bezogene Weltdeutung hineindenken, von der sie in einem sich anschließenden Gespräch ggf. auch wieder Abschied nehmen können. In den „Anregungen für eine Aufführung“ im hinteren Teil nach den Unterrichtsideen finden sich Erfahrungen mit einer und Ideen für eine entsprechende aufwändigere Inszenierung in einem Kirchenraum.

 

Ideen für Unterrichtsschritte

Der im Folgenden aufgeführte Ablauf einer Unterrichtseinheit setzt direkt bei der biblischen Schöpfungserzählung an und nimmt die Kinder mit hinein in die Perspektive eines babylonischen Jungen (M1). Die Schöpfungserzählung ist hier als Geschichte eingebettet in die Erzählung von Erlebnissen eines jüdisch-babylonischen Jungen. Die Geschichte lädt dazu ein, über den Wert der Schöpfung nachzudenken. Die Schöpfungsgeschichte Gen 1 ist Teil der Erzählung und kann zur Wiederholung aus der Perspektive des Jungen in Bezug auf wichtige Aspekte (Erschaffenes und dessen Bewertung) wiederholt werden. Die Kinder können im Anschluss benennen, was für sie „sehr gut“ in der Welt ist. Aus der Sicht des Jungen heraus können sie danach ein Danklied selbst formulieren und dem Jungen in den Mund legen (M2). Alternativ oder zusätzlich kann das Segenslied „Segne uns mit der Weite des Himmels“ mit abgewandeltem Text der Strophen als „Danke, Gott, für die Weite des Himmels…“ gesungen und durch Bewegungen ergänzt werden (Text und Melodie in: Beate Peters, Geh mit Gott. Auf dem Weg wie Sara und Abraham, Göttingen 2006, S. 37). Der Text des Refrains „Segne, Vater, tausend Sterne“ kann weiterhin als Segensbitte gesungen werden, denn er greift den Aspekt des Segens Gottes am Ende der Schöpfungsgeschichte auf. Zur bildlichen Umsetzung können die Kinder ein Schöpfungsleporello mit den einzelnen Schöpfungstagen gestalten. Dabei macht es Sinn, die Reihenfolge zu beachten. Der Akzent der Besprechung sollte allerdings eher auf der Bewertung Gottes am jeweiligen Tag (ab dem zweiten Tag) liegen. Die Kinder könnten vorbereitete Satzstreifen zuordnen und aufkleben (viermal: „Und Gott sah, dass es gut war, was er gemacht hatte.“, einmal: „Und Gott sah auf alles, was er gemacht hatte: Es war sehr gut!“). Steht mehr Zeit und Raum für Kreativität zur Verfügung, so können Kindergruppen in Kartondeckeln oder auf selbstgebauten Sperrholztabletts Motive der einzelnen Schöpfungstage bzw. der Schöpfung insgesamt mit vielfältigen Naturmaterialien gestalten. Nach einer sich anschließenden Präsentation kann auch herausgearbeitet werden, wie wesentlich Lebewesen und die Natur voneinander abhängig und aufeinander bezogen sind.

In einem weiteren Schritt kann eine Haltung des Staunens geübt und gefördert werden. Nach der Gestaltung einer Schöpfungslandschaft kann ein gemeinsamer Gang in die Natur dazu genutzt werden, wie mit „Detektivbrillen“ nach Staunenswertem zu suchen. Die Kinder können dabei evtl. mit Lupe und einem kleinen Kästchen für staunenswerte Kleinigkeiten ausgestattet sein. Aus Mitgebrachtem, evtl. Fotografiertem, Gemaltem und schriftlich Festgehaltenem kann eine Klassenausstellung entstehen. Jedes Kind sollte dafür in einigen Sätzen begründen, inwiefern es über den jeweiligen Gegenstand staunen kann. – Es ist möglich, dass Kinder selbstständig im Zusammenhang mit Staunenswertem Aspekte der Bedrohung der Schöpfung einbringen. Diese Überlegungen sollten aufgegriffen werden und könnten auch in einer Erweiterung der Ausstellung ihren Niederschlag finden: Sie könnte in zwei Bereiche eingeteilt werden: „Das ist zum Staunen!“ – „Das muss anders werden!“

Anschließend kann die Frage nach Gott in den Zusammenhang des Staunens gebracht werden, indem das bekannte Spiritual „He’s got the whole world“ in Deutsch oder Englisch gesungen und gemeinsam bedacht wird. In einem offenen Gespräch im Sitzkreis mit Blick auf die Schöpfungslandschaft und die Ausstellung zum Staunen können die Kinder angeregt werden, Zusammenhänge herzustellen und Gedanken zur Deutung des Liedes zu entwickeln. Dabei sollte neben der Frage nach dem Ursprung die Frage des Gehaltenseins in den Blick genommen werden. Selbstverständlich sollte die Möglichkeit für die Kinder eingeräumt werden, verschiedene Haltungen in Bezug auf die Frage nach Gott miteinander ins Gespräch zu bringen. Dadurch kann sowohl die Wahrnehmung möglicher anderer Einstellungen als auch die gegenseitige Achtung eingeübt werden. Je nach Klassenzusammensetzung und Einstellungen der Kinder kann das Verständnis für verschiedene Positionen auch dadurch unterstützt werden, dass Rollenspiele mit Gesprächen zwischen Christen und Nicht-Christen durchgeführt oder Dialoge mit Figuren, die verschiedene Positionen vertreten, entwickelt werden. Gemeinsam mit den Kindern oder zur Vorbereitung des Unterrichts können Rollenanweisungen für Menschen unterschiedlicher Glaubensvorstellungen formuliert werden. Wenn Rollenspiele bisher nicht geübt wurden, kann ein Arrangement mit Spielfiguren, für die Gedanken formuliert werden, die Auseinandersetzung von Lernenden fördern (M3).

Wenn in einem früheren Unterrichtsschritt schon Aspekte der Bedrohung der Schöpfung eine Rolle gespielt haben, kann jetzt die Frage nach Möglichkeiten zur Bewahrung der Schöpfung unmittelbar angeschlossen werden. Es sollte dabei auch bedacht werden, dass Christen aus dem Auftrag Gottes heraus Verantwortung für die Schöpfung übernehmen.

Sollte die Bedrohung der Schöpfung noch keine Rolle gespielt haben, kann an dieser Stelle das Augenmerk auf die Verantwortung für die Schöpfung gelenkt werden, indem der Schöpfungsauftrag gemeinsam gelesen und bedacht wird. Die Kinder können in Gruppen Beispiele suchen, in denen die Notwendigkeit und Art der Bewahrung der Schöpfung deutlich wird. Nach Möglichkeit sollte am Ende im Sinne der Bedeutsamkeit, Nachhaltigkeit und des Lebensweltbezuges eine konkrete Aktion mit den Kindern und ggf. den Eltern der Klasse zur Bewahrung der Schöpfung in der nahen Umgebung geplant und durchgeführt werden. (Schulhofsäuberung, Baumpflanzaktion etc.).

 

Die Unterrichtseinheit im Überblick

1. „Und siehe, es war sehr gut!“ – Zur Schöpfungserzählung

  • Erzählung aus der Perspektive eines in Babylon lebenden jüdischen Jungen (M1),
  • ein Danklied des Jungen formulieren (M2),
  • ein Danklied singen („Danke, Gott, für die Weite des Himmels…“),
  • ein Schöpfungsleporello gestalten,
  • eine Schöpfungslandschaft gestalten.
     

2. Das ist ja zum Staunen!!! – Als Detektiv Staunenswertem auf der Spur…

  • eine Klassenausstellung vorbereiten,
  • Staunenswertes in der Natur suchen und mitbringen oder fotografieren,
  • einen Text formulieren: Worüber ich staunen kann…,
  • evtl. die Ausstellung erweitern um Aspekte der bedrohten Schöpfung: „Das muss anders werden!“

 

3. Hat Gott die Welt gemacht? – Was Menschen heute glauben

  • ein Lied singen: Er hält die ganze Welt in seiner Hand,
  • über mögliche Bedeutungsaspekte des Liedtextes nachdenken und sprechen,
  • einen Dialog vorbereiten und durchführen: Menschen mit verschiedenen Glaubenseinstellungen unterhalten sich (M3).

 

4. Die Schöpfung bewahren – Was wir tun können

  • den Schöpfungsauftrag kennen lernen und bedenken,
  • Bedrohungen der Schöpfung wahrnehmen,
  • eine Klassenaktion planen und durchführen.

 

Die Schöpfung schöpferisch gestalten– Anregungen für eine Aufführung zur Schöpfungsgeschichte

Wie oben erwähnt, kann bei Interesse der Schwerpunkt einer Unterrichtseinheit dahingehend geändert werden, dass die Schöpfungsgeschichte als szenisch-choreographisches Spiel mit musikalischer Begleitung gestaltet, eingeübt und aufgeführt wird. Es empfiehlt sich, bei einem entsprechenden Vorhaben nach der ersten Unterrichtssequenz zur Erzählung des Priesters sogleich die Vorbereitungen anzuschließen und aus zeitlichen Gründen auf die Unterrichtsbausteine 2 bis 4 zu verzichten.

Mit einer derartigen Aktion kann Religion in der Wahrnehmung der Kinder und insbesondere der Eltern einen besonderen Stellenwert bekommen. Eltern können in die Vorbereitungen einbezogen werden, auf Elternabenden kann kurz auf die Schöpfungsthematik und Beweggründe für das Projekt eingegangen werden. Außerdem kann die Zusammenarbeit von Schule und Kirche in besonderer Weise gefördert werden, wenn von vornherein eingeplant wird, die Aufführung in einem Kirchenraum stattfinden zu lassen. Dadurch kann angebahnt werden, dass die Kinder die Kirche als einen Ort erleben, an dem sie selbst das kirchliche Leben mit gestalten können. Sie arbeiten nicht nur Klassen übergreifend, sondern lernen ggf. Mitarbeitende der Kirche kennen, wenn diese einbezogen werden und evtl. selbst Aufgaben übernehmen: Ein Pastor könnte den äußeren Rahmen schaffen und begrüßen bzw. verabschieden. Ein Kantor könnte das Singen mit den Kindern üben oder zu Teilen der Aufführung „live“ Musik machen…

Die Motive der Schöpfungsgeschichte laden dazu ein, szenisch-musikalisch umgesetzt zu werden: die Ordnung des Chaos, Licht und Dunkelheit, die Erschaffung der Lebewesen. Mit einfach herzustellenden Requisiten bzw. Kostümen können Kinder zu vorher ausgewählter Musik kleine Choreographien einüben. Mit relativ geringem Aufwand lässt sich bei Kooperation mehrerer Klassen ein Projekt durchführen, das mit einer gemeinsamen Aufführung abschließt. Die Grundidee ist dabei, dass die Schöpfungsgeschichte entsprechend der Tage in Szenen aufgeteilt wird, die jeweils mit dem Lesen des Textabschnittes beginnen. Im Anschluss wird jeweils zu passender Musik mit einfachen Requisiten und sparsamer Kostümierung die Handlung dargestellt. Um den Gottesbezug und den Wert der Schöpfung zu betonen, wird am Ende eines jeden Schöpfungstages jeweils gemeinsam mit allen Kindern ein Schöpfungs-/Loblied gesungen. Jede Kollegin, jeder Kollege wählt selbst für seine Gruppe und die Schöpfungsmotive passende Musik, zu der die Kinder die Aufführung einüben. Musikinteressierte und -unterrichtende können erfahrungsgemäß ohne großen Aufwand hilfreiche Tipps geben. Es bietet sich an, im Rahmen eines derartigen Projektes nach Möglichkeit auch Fächer übergreifend zu arbeiten und mit Kolleginnen/Kollegen für Kunst, Religion und evtl. Sport (Tanz der Geschöpfe am Ende) zusammenzuarbeiten.

Beispielsweise kann für das Licht die Morgenstimmung (Peer Gynt Suite) von Grieg genutzt werden. Die spielenden Kinder könnten sich in gelb gekleidet auf den Boden hocken und mit einem schwarzen Tuch bedeckt werden. Passend zur lauter werdenden Musik erheben sie sich langsam, bis sie schließlich beim ersten Höhepunkt aufrecht mit ausgestreckten Armen stehend, evtl. Sonnenstrahlen aus Pappe in den Händen haltend, leichte Bewegungen machen.

Ein derartiges Projekt kann mit seinem Lebensweltbezug, seinen vielfältigen Aspekten und der Möglichkeit, sich langfristig und mit allen Sinnen mit einem Thema auseinanderzusetzen, sicherlich dem Kompetenzerwerb im Sinne von kognitivem Wissen, Haltungen und motivationalen Aspekten dienen.

Eine Neustädter Grundschule führte in einem Kooperationsprojekt mit einer Kirchengemeinde eine große Aufführung der Schöpfungsgeschichte mit 100 Kindern und einem Orchester der Musikschule durch. Informationen zu diesem Projekt und der entsprechende Ablaufplan sind abzurufen unter www.rpi-loccum.de/pelikan. Fragen zur Umsetzung beantwortet die Autorin gern. 

M 1: Die Erzählung des jüdischen Jungen Asser aus Babylon

Ist das herrlich hier!“, murmelte Asser vor sich hin und hob seine Augen zum blauen Himmel. Die Sonne schien und das Grün der Bäume leuchtete. Das Wasser im Fluss glitzerte und die Vögel sangen ihr Lied. „Es ist so schön, hier draußen vor der Stadt in der Natur!“ Er holte tief Luft und atmete den Duft einer Blume ein. Dann machte er sich auf den Weg zurück nach Hause, durch das große Stadttor.

Die hohe Stadtmauer erhob sich prächtig zu beiden Seiten. Eine breite Straße führte in die Stadt hinein. Viele Menschen waren heute unterwegs. Die meisten gingen wie üblich zu Fuß, andere ritten auf ihren Tieren. Wohin sie nur alle wollten? Asser beschloss, ihnen nachzugehen, statt zu seinem Wohnhaus abzubiegen. Sie kamen vorbei am hohen Turm und steuerten dann auf den Tempel zu.

Von weitem war schon lautes Singen zu hören, manche Menschen klatschten und stampften. Asser konnte verstehen, was sie sangen: „Marduk, großer Gott Marduk! Du hast die Welt gemacht! Du hast mit der Schlange gekämpft und hast sie besiegt! Marduk, Marduk! Mondgott und Sonnengott, seid uns gnädig!“ Jetzt verstand Asser, was los war in der Stadt: Die Babylonier feierten ein Fest für die Götter, an die sie glaubten: Marduk war der wichtigste von ihnen. Die Menschen trafen sich am Marduk-Tempel und sangen Lieder für ihn und die anderen Götter. Alles klar! Jetzt konnte er nach Hause gehen.

Seine Familie gehörte nicht zu den Babyloniern. Seine Familie kam aus einem anderen Land. Jetzt wohnten Vater und Mutter schon lange hier, sie arbeiteten hier und hatten ihr Haus gebaut. Es ging ihnen gut, doch manchmal sagte Mama: „Viele Babylonier sind nett zu uns. Aber ich bin einfach keine Babylonierin. Ich bin eine Jüdin. Ich lebe anders und ich glaube anders. Ich glaube an Gott, nicht an Marduk und seine Götter. Ich glaube, dass Gott die Welt gemacht hat. Die Leute hier haben viele Götter neben Marduk. Ich glaube an einen Gott.“ –

Asser ging der Gesang der Babylonier vor dem Tempel nicht aus dem Kopf. Und ihm fiel wieder ein, wie schön es dort draußen vor dem Stadttor gewesen war. Er hörte in sich noch das Plätschern des Flusses Euphrat. Mama sagte immer: „Schau dir die Vögel an, schau dir die Blumen an! Gott hat sie gemacht.“

Ehe er zu Ende gedacht hatte, war er an seinem Haus angelangt. „Mama, Papa!“, rief er laut in die Halle hinein. „Am Marduk-Tempel ist was los! Da singen die Leute Lieder für Marduk und die anderen Götter.“ Papa sagte energisch: „Und wir singen für Gott, der Himmel und Erde gemacht hat!“ Dann summte er vor sich hin. –

Am Abend trafen sich die Familien der Juden. Sie kamen zusammen, um zu ihrem Gott zu beten. Und sie erzählten sich Geschichten, alte Geschichten von Gott und den Menschen. Asser mochte die Geschichte von Abraham, dem Gott den Weg gezeigt hatte, sehr. Heute wollte ein älterer Mann erzählen. Er begann: Ihr könnt euch freuen, denn Gott hat unsere Welt gemacht! Er hat sie wunderbar erdacht und gestaltet. Die Babylonier glauben, Sonne, Mond und Sterne sind Götter. Ich sage euch: Gott hat sie gemacht! Hört, wie gut Gott die Welt gemacht hat*:

Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde.
Und die Erde war wüst und leer.
Wasser bedeckte das Land
und es war finster.
Am ersten Tag aber sprach Gott:
„Es werde Licht!“
Und es geschah, wie Gott gesagt hatte:
Über der Erde wurde es hell.
Und Gott sah, dass das Licht gut war.
Er nannte das Licht „Tag“.
Und die Dunkelheit nannte er Nacht.
Da wurde aus Abend und Morgen der erste Tag.

Am zweiten Tag sprach Gott:
„Über der Erde soll ein Himmel sein!“
Und es geschah, wie Gott gesagt hatte:
Ein blauer Himmel leuchtete über der Erde
und weiße Wolken zogen am Himmel dahin.
Und Gott sah, dass es gut war, was er gemacht hatte.
Da wurde aus Abend und Morgen der zweite Tag.

Am dritten Tag sprach Gott:
„Es sammle sich das Wasser an besondere Orte,
damit man das trockene Land sehe!“
Und es geschah, wie Gott gesagt hatte:
Das Wasser floss zusammen.
Das Land wurde trocken.
Und Gott nannte das Wasser „Meer“.
Und das Trockene nannte er „Land“.
Und Gott sprach:
„Es lasse die Erde aufgehen Gras und Kraut, das Samen bringe,
und Bäume, die Früchte tragen!“
Und es geschah so.
Und Gott sah, dass es gut war, was er gemacht hatte.
Da ward aus Abend und Morgen der dritte Tag.

Am vierten Tag sprach Gott:
„Lichter sollen am Himmel leuchten,
die Sonne am Tag
und der Mond und die Sterne bei Nacht!“
Da geschah es, wie Gott gesagt hatte:
Die Sonne ging über der Erde auf und schien warm und hell.
Als es Abend wurde, stand der Mond am Himmel
Und viele Sterne funkelten am Himmel.
Und Gott sah, dass es gut war, was er gemacht hatte.
Da ward aus Abend und Morgen der vierte Tag.

Am fünften Tag sprach Gott:
„Im Wasser sollen Fische leben
und Vögel in der Luft!“
Da geschah es, wie Gott gesagt hatte:
Das Wasser wimmelte von Fischen.

Und Vögel flogen in großen Schwärmen herbei.
Und Gott sah, dass es gut war, was er gemacht hatte.
Da wurde aus Abend und Morgen der fünfte Tag.

Am sechsten Tag sprach Gott:
„Auch auf dem Land sollen Tiere wohnen!“
Da geschah es, wie Gott gesagt hatte:
Gott schuf die Tiere des Feldes, das Vieh und alles Gewürm des Erdbodens,
ein jedes nach seiner Art.
Zuletzt aber schuf Gott den Menschen.
Gott sprach:
„Ich will Menschen machen, die mir gleichen,
die über den Tieren stehen!“
Und Gott schuf den Menschen nach seinem Bild.
Als Mann und Frau schuf er ihn.
Und Gott segnete sie und sprach:
„Lebt auf dieser Erde und vermehrt euch!
Alles, was ich gemacht habe, soll für euch da sein:
Die Bäume und die Früchte,
die Fische, die Vögel und die Tiere auf dem Land!“
Und Gott sah auf alles, was er gemacht hatte:
Es war sehr gut!
Da wurde aus Abend und Morgen der sechste Tag.

Am siebten Tag aber ruhte Gott.
Und Gott segnete diesen Tag und sprach:
„Dieser Tag soll mein Tag sein.
Die Arbeit soll ruhen an diesem Tag!“

Mit aufgerissenen Augen hatte Asser dem Mann zugehört. „Und Gott sah auf alles, was er gemacht hatte: Es war sehr gut.“ Dieser Satz ging ihm nicht aus dem Kopf. „Es war sehr gut.“ Ihm fiel ein, wie wunderschön es am Fluss gewesen war, früh am Morgen; die vielen verschiedenen Menschen, die Tiere – sehr gut hatte Gott sie gemacht! „Sehr gut!“, sagte Asser plötzlich laut. Seine Mutter schaute ihn fragend von der Seite an. Sie konnte ja nicht ahnen, dass er sich gerade noch mit der Geschichte befasste. Als das Treffen mit den anderen Juden beendet war, ging er mit Mama und Papa zurück nach Hause. „Gott hat alles sehr gut gemacht!“, sagte er, als Papa ihm gute Nacht sagte.

*Text nach Genesis 1, orientiert an der Neukirchner Kinderbibel von Irmgard Weth, Neukirchen-Vluyn, 1992/6

 

M 2: Ein Danklied formulieren

Asser staunt über die Schöpfung. Er sieht sich die Welt um ihn herum genau an und schreibt ein Danklied an Gott ...

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M 3: Dialog mit vorgegebenen Rollen

Drei Figuren (Pappkegel, Spielfiguren – oder repräsentiert durch drei Stühle mit Namenskarten) werden den Kindern vorgestellt: „Ich glaub an Gott“, „Ich glaub nicht an Gott“ und „Ich weiß nicht, was ich glauben soll“.

Die hier benutzten Namen sind in einem Unterrichtsprozess entstanden und ermöglichten den Kindern einer vierten Klasse eine Ausdifferenzierung möglicher Gedanken innerhalb der damit vorgegebenen Festschreibungen und führten zu intensiven Nachgesprächen. Möglich wäre es auch, die Namen durch A, B und C zu ersetzen und ihre Grundeinstellungen im Gespräch kurz vorzustellen.

„Hier stehen Herr „Ich glaub an Gott“, Frau „Gott gibt’s nicht“ und Herr „Ich weiß nicht, was ich glauben soll“. Frau „Gott gibt’s nicht“ hat soeben beobachtet, dass Herr „Ich glaub an Gott“ aus der Kirche kam, und spricht ihn an: „Warum rennst du denn immer in die Kirche? Hast du da persönliche Treffen mit deinem Gott?“ Herr „Ich glaub an Gott“ schüttelt mit dem Kopf und antwortet: „Ach, du verstehst überhaupt nichts! Gott ist nicht nur in der Kirche! Aber in der Kirche nehme ich mir Zeit und habe Ruhe, um mit Gott zu sprechen. Aber ich glaube, dass Gott überall ist. Frau „Gott gibt’s nicht“ schüttelt mit dem Kopf und meint: „Papperlapapp! Jetzt sagst du gleich auch noch: ‚Gott hat die Welt gemach!’ – Das möchte ich sehen!, wie Gott in sieben Tag die Welt macht!“ Herr „Ich glaub an Gott“ erklärt, wie er die Geschichte von der Schöpfung versteht: … Herr „Ich weiß nicht, was ich glauben soll“ hört aufmerksam zu und stellt zwischendurch Fragen. Frau „Gott gibt’s nicht“ erklärt, wie sie sich die Weltentstehung vorstellt. Die beiden Herren reagieren darauf. Nach einer Weile beendet einer der drei Figuren das Gespräch und die Drei verabschieden sich voneinander.“

Hierzu bieten sich verschiedene Möglichkeiten zur Umsetzung an:

  • Die Szene ist in der Mitte eines Sitzkreises aufgebaut und einzelne Kinder können sich jeweils eine der Figuren nehmen, um für sie Gedanken auszusprechen.
  • Die Kinder übernehmen einzelne Rollen, indem sie sich auf einen der ggf. vorbereiteten Stühle setzen und Gedanken der Figur äußern.
  • Gemeinsam werden mögliche Dialoge entwickelt, die anschließend von einigen Kindern vorgespielt werden.
  • Jeweils in Dreiergruppen spielen die Kinder mit Hilfe von Figuren die Szene nach und entwickeln mögliche Dialoge.

 

Text erschienen im Loccumer Pelikan 1/2009

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